Birgit Birnbacher: Ich an meiner Seite
Birgit Birnbacher erzählt die Geschichte vom An-tihelden Arthur, 22 Jahre alt und frisch aus seiner zweijährigen Haft entlassen. Er wird in ein Resozialisierungsprogramm aufgenommen, lebt im Zuge dessen in einer betreuten Wohngemeinschaft und wird von Börd, einem durchaus sonderbaren Therapeuten begleitet. Die Entwicklung der Beziehung zwischen den beiden umspannt den Roman erzählerisch und trägt zu der sehr feinsinnigen, authentischen Darstellung der Figuren bei. Birnbacher lässt gekonnt immer wieder tragikomische, ja satirische Momente in die Geschehnisse einfließen, um dann aber wieder tiefe Einblicke in Arthurs Eigenwahrnehmung zu geben. Teil des Eingliederungsprojektes ist nämlich die regelmäßige Aufzeichnung von Arthur, fragmentarische Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend. Diese sogenannten „Blindsprechs“ vom klugen aber introvertierten Protagonisten, kombiniert mit den
erzählten gegenwärtigen Ereignissen, zeichnen ein Bild von Arthurs Lebenslauf, der wie bei den anderen Figuren auch, eben nicht immer geradlinig verläuft. Wie kann so einer wie er überhaupt im Gefängnis landen? Kann das starre System der Bewährungshilfe einem Ex-Insassen ohne Zeugnisse und Papiere „in die Gesellschaft“ zurück helfen? Und so liest sich das Buch durchaus auch als Prekariatsgeschichte, wenn auch nicht unbedingt im Sinne einer soziologischen Milieustudie. Arthur kommt nämlich aus einer wohlhabenden (Patchwork-) Familie. Er zieht als Kind aus dem provinziellen Österreich nach Spanien, da seine Mutter mit ihrem Lebensgefährten in La Puerta ein Palliativ-Zentrum für zahlungskräftige Patienten aufmacht. Ein einschneidendes Erlebnis führt ihn dann schließlich zurück nach Österreich.Lakonisch, skurril und doch irgendwie ruhig und sanft. Mit viel Empathie für die einzelnen Fi-guren ! Unbedingt lesen. (L. Köhl)